Viene qui di seguito proposta un’intervista al Patriarca – in occasione dell’imminente Visita del Santo Padre ad Aquileia e Venezia – pubblicata venerdì 6 maggio da “Die Tagespost”, quotidiano tedesco (cliccare qui per leggere una traduzione sommaria dell’intervista):
 
Ein Gespräch mit Kardinal Angelo Scola über den Besuch Papst Benedikts XVI. in Aquileia und Venedig an diesem Wochenende. Von Guido Horst

Heute und morgen besucht Benedikt XVI. eine der Wiegen des Christentums in Mitteleuropa. Zwei Tage nimmt sich der Papst Zeit für die Gläubigen im Nordosten Italiens; das altehrwürdige Aquileia und die Lagunenstadt Venedig sind die beiden Stationen der Reise. Gegenüber dieser Zeitung erklärt der Patriarch von Venedig, Kardinal Angelo Scola, warum diese Region nach dem Fall des Eisernen Vorhangs wieder zu einem Angelpunkt Europas geworden ist – und welche Impulse er sich von den Begegnungen mit Papst Benedikt erwartet. Vor seiner Zeit als Patriarch von Venedig war Scola Bischof von Grosseto und dann Rektor der Päpstlichen Lateranuniversität. Als Mitarbeiter der Glaubenskongregation und der internationalen Zeitschrift „Communio“ hatte er schon früh einen engen Kontakt zu Kurienkardinal Joseph Ratzinger.

 

Eminenz, wie viele Besucher erwarten Sie, wenn Papst Benedikt XVI. jetzt am 7. und 8. April den Nordosten Italiens besucht?

Was mich sehr berührt ist das Interesse für den Besuch des Papstes, das verschiedene Bereiche und Sektoren der Gesellschaft ergriffen hat. Nicht nur die Ortskirchen des Nordostens Italiens und ihre Gläubigen, sondern auch viele Personen, die seit langer Zeit nicht mehr praktizieren, also auch die säkulare Gesellschaft. Mit allen zivilen Einrichtungen haben wir dabei zu einer ausgezeichneten Zusammenarbeit gefunden. Man muss unterscheiden zwischen den einzelnen Programmpunkten des Papstes. Es gibt die Begegnungen in einem kleineren, geschlossenen Kreis, dann die pastorale Großveranstaltung mit den Gläubigen der Diözesen des Nordostens in der Basilika von Aquileia sowie den Abschluss des Pastoralbesuchs im Marcus-Dom in Venedig. Letzteres sind Augenblicke der Begegnung mit dem Volk – in Aquilea, auf der Piazza San Marco in Venedig und dann vor allem bei der großen Messe im San Giuliano-Park in Mestre. Dazu erwarten wir etwa hunderttausend Personen, einige gehen aber davon aus, dass es sehr viel mehr sein werden.

Das Motto des Papstbesuchs in Venedig und Aquileia lautet: „Tu conferma la nostra fede – Du, bestärke unseren Glauben”. Warum?

Diese Worte haben alle ihre Wurzeln im Evangelium. Sie schienen uns den Wert und die Bedeutung des Kommens des Papstes gut zusammenzufassen. Jesus selbst hat Petrus den Auftrag gegeben, seine Brüder zu stärken. Die Leitung der Kirche durch sein Zeugnis, durch seine Person, seine Führung und seine Verkündigung, das alles charakterisiert den Petrusdienst des Papstes. Wir müssen wieder entdecken, dass Petrus, dass der Papst einen Platz sowohl im Inneren der Ortskirche hat, wie wir es auch in jeder heiligen Messe zum Ausdruck bringen, als auch einen Platz im Glaubensakt jedes Einzelnen. Das führt uns zum Thema des „Du“. Dieses „Du“ ist sehr wichtig. Dreimal stellt Jesus dem Petrus die Frage: „Liebst Du mich?“ Und das Echo ist das „Ich“. Das Ich ist immer ein Ich, das in Beziehung steht. In einer Beziehung von Angesicht zu Angesicht, von Blick zu Blick. Für uns ist es ein großes Geschenk, zu Papst Benedikt „Du“ zu sagen. Er ist physisch unter uns als Vater, und das in einer persönlichen Dimension und einer starken ekklesialen Dimension.

Wie gut kennt der Heilige Vater die Lage der Kirche im Nordosten Italiens; haben Sie mit ihm darüber gesprochen?

Als Erzbischof von München hat Kardinal Ratzinger oft in Brixen Urlaub gemacht. Er hatte also schon Gelegenheit, diese Region im Nordosten Italiens besser kennenzulernen. Was jetzt diesen Besuch angeht, so habe ich mit ihm persönlich gesprochen und die Hintergründe der einzelnen Stationen seines Besuchs erklärt. 1990 hat es in Aquileia ein erstes Treffen der Bischöfe des Nordostens gegeben. Jetzt, nach zwanzig Jahren, machen wir Bischöfe ein zweites Treffen, Aquileia II, auf das wir uns bereits seit einem Jahr vorbereiten und in das sich der Besuch des Papstes einreiht. Wir haben eine ganze Reihe von Materialien an den Heiligen Vater gesandt, um die Bedeutung der einzelnen Stationen zu erläutern. Was wir brauchen sind jetzt nicht weitere Analysen der Situation im Nordosten. Was wir brauchen ist ein längerer Atem, um unsere christliche Berufung im Alltag zu leben – und da erwarten wir ein wegweisendes Wort des Heiligen Vaters.

Sie haben von den fünfzehn Bischöfen des Nordostens fast wie von einer Gemeinschaft gesprochen. Wie würden Sie die Rolle dieser Ortskirchen beschreiben, gerade auch in ihrer Brückenfunktion hinüber nach Kroatien, Slowenien und Österreich?

Das ist sehr wichtig. Das ist etwas anderes als die Bischofskonferenz von Trivenetien. Dieses Wort ist ein wenig delikat, Diözesen wie Friaul, Bozen oder Brixen können sich damit nicht so richtig identifizieren. Wir sprechen darum von der Region des Nordostens Italiens, um mit Blick auf die Zukunft auch die historischen Wurzeln dieser Region in Erinnerung zu rufen. Von Aquileia aus wurden 57 Ortskirchen gegründet, die heute in Kroatien, Slowenien, Österreich, Bayern bis hin nach Ungarn liegen. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs müssen wir diese historische Bedeutung wiedererlangen, die einst die Kirche von Aquileia hatte. Wir haben einen Auftrag zu erfüllen. Es geht nicht nur um die Achse Ost-West. Über die Adria erreicht der Mittelmeerraum ganz Europa, auch den Norden Europas. Ein Historiker aus Venedig hat uns darum darauf hingewiesen, dass wir ein Angelpunkt zwischen Süd und Nord sind. Die Frage des Mittelmeerraums und Nordafrikas wird im Europa der Zukunft noch eine gewaltige Rolle spielen. Und hier liegt auch eine Aufgabe für die Ortskirchen in diesem weiten Nordosten Italiens.

Kommen Gläubige aus den Nachbarländern zum Besuch des Papstes?

Ja. Wir haben die Bischöfe der Nachbarländer nach Aquileia eingeladen. Es werden Polen kommen, die nach der Seligsprechung in Rom in ihre Heimat zurückreisen. Aber auch Gläubige aus Slowenien, Kroatien, Österreich oder Bayern. Ebenso erwarten wir eine starke Gruppe von Keniaten, denn die Kirche von Venetien hat eine bedeutende Mission in Kenia.

In Venedig, in der Basilica della Salute, wird Benedikt XVI. den Vertretern der Kultur und Wirtschaft begegnen. Ein wichtiger Termin. Ist er vergleichbar mit den Auftritten des Papstes im College des Bernardins in Paris, in der Westminister Hall in London oder in der Universität von Regensburg?

Uns wäre das natürlich recht so. Die Einladung zu dem Treffen richtete sich an die ganze Stadt und an ganz Venetien und wurde vom „Studium Generale Marcianum“ ausgesprochen, das eine akademische, pädagogische Einrichtung der Forschung ist, die in einem schönen, alten Palast ihren Sitz hat, dessen restaurierten Teil der Papst jetzt einweihen wird. Es war die Idee der Verantwortlichen des „Studium Marcianum“, den Papst um ein Wort über die „Berufung“ Venedigs zu bitten. Als Johannes Paul II. die Lagunenstadt besucht hat, hat er einen sehr schönen Ausdruck geprägt, nämlich dass Venedig eine Stadt für die gesamte Menschheit sei. Die ganze Kirche ist missionarisch. Aber die Ortskirche von Venedig hat den Vorteil, dass die Mission in ihr selber stattfindet, weil die Menschen zu ihr kommen, zwanzig Millionen sind es im Jahr. Wir haben den Papst eingeladen, seine Sicht der Mission Venedigs darzustellen, die alle Komponenten der zivilen Gesellschaft umfasst und gleichzeitig die ganze Welt anzieht.

Kann man von der historischen Bedeutung Aquileias für die Ausbreitung des frühen Christentums – der Apostel Markus hat hier gepredigt – heute noch etwas spüren? Hat diese Diözese eine besondere Mission?

Die verehrungswürdige Tradition der Kirche Aquileias, derzufolge der heilige Markus hier gewirkt hat, ist eher im Gedächtnis lebendig als dass sie heute noch die Fähigkeit hätte, die Gegenwart zu mobilisieren. Auch wenn es vor allem zwischen den fünfzehn Diözesen des Nordostens eine starke Gemeinschaft gibt, so ist auch der Austausch mit Kroatien, Slowenien und Österreich sehr intensiv. Es gab nach dem Fall der Mauer auch den Versuch der Politik, die Gemeinschaft „Alpeadria“ zu gründen, wo alle diese Ländern auf dem Gebiet der Kultur, der Bildung, des Tourismus enger zusammenarbeiten. Da ist also die Tradition, die aber heute vor ganz neuen Herausforderungen steht. Wir leben heute in einer Zeit der Vermischung der Völker, des technischen Fortschritts. Und im Grunde steht unsere Epoche vor der großen Frage, wie der Mensch des dritten Jahrtausends beschaffen sein will. Symbolisch gesehen hat ein Ort wie Aquileia eine außergewöhnliche Potenz, die aber heute mit Blick auf die Zukunft völlig neu interpretiert werden muss.

Ich muss gestehen, dass es mir schwerfallen würde, das „kulturelle Projekt“ zu erklären, das vor allem Kardinal Camillo Ruini den Katholiken Italiens vorgeschlagen hat. Wie würden Sie die pastorale und kulturelle Strategie der Kirche in Italien beschreiben?

Das „kulturelle Projekt“, das Kardinal Ruini vor einigen Jahren entwickelt hat, hat in den zurückliegenden Jahren eine stärkere Vertiefung gefunden. Die Italienische Bischofskonferenz hat ein Komitee von fünfzehn Fachleuten ernannt, Fachleute, die nicht nur kommen und gehen, sondern Freunde geworden sind, auch wenn sie unterschiedliche Positionen vertreten. Die Frage, um die es geht, ist die nach der Präsenz der Kirche in der italienischen Gesellschaft, das heißt die nach der kulturellen Interpretation des Lebens aus dem Glauben. Man bedient sich dabei mehrerer Instrumente. Eines besteht darin, ein Urteil über die Erziehung in diesem Land zu entwickeln, und das nicht nur in soziologischer Hinsicht. Das Komitee von Fachleuten sammelt dazu Daten und demnächst erscheinen die über die demographische Entwicklung, wobei die Schlussfolgerungen sich nicht nur an die Kirche, sondern an die ganze zivile Gesellschaft richten. Wichtig sind auch die Tagungen; so fand vor einigen Jahren eine über „Gott heute“ in Rom statt, eine nächste wird im Frühling 2012 das Thema „Christus, unser Zeitgenosse“ haben.

Was für ein Tag war für Sie der 1. Mai, der Tag der Seligsprechung von Papst Johannes Paul II.?

Für mich war es ein großes Zeichen der Hoffnung für die ganze Menschheit. Nicht nur wegen der tiefen Zuneigung zu diesem Papst. Ich kann das persönlich sagen, weil ich Gelegenheit hatte, mit ihm zusammenzuarbeiten – als einer der Initiatoren des „Instituts Giovanni Paolo II“ an der Lateranuniversität, als Bischof und dann als Kardinal. Sondern weil er der ganzen Menschheit etwas gegeben hat, wofür Hoffnung das richtige Wort ist. Er war ein Mensch, der die Geschichte eines ganzen Jahrhunderts in sich getragen hat und dank seines starken, mystischen Glaubens in einem Augenblick, der für Europa sehr schwierig und für die Kirche sehr delikat war, wieder eine Hoffnung vermittelt hat und zu einem Bezugspunkt für alle Gläubigen und indirekt für alle Menschen guten Willens geworden ist. Er stellt eine gewaltige Ressource dar. Benedikt XVI. mit seinem originalen Pontifikat kann auf diese außergewöhnliche Ressource zurückgreifen, nicht zuletzt wegen der langjährigen Freundschaft und Zusammenarbeit, die ihn mit Johannes Paul II. verbunden hat. 

Was meinen Sie mit dem „originalen“ Pontifikat des jetzigen Papstes?

Zur gleichen Zeit ist da die Kontinuität, aber auch die kreative Neuheit im Vergleich zum Pontifikat Johannes Pauls II.

Und was ist für Sie diese kreative Neuheit?

Sie besteht in dreierlei: der Demut, dem Zeugnis und den außerordentlichen Gaben der lehramtlichen Verkündigung.